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AR unterstützt seit 1993 Projekte in Guatemala, u. a. dieses: 2008 - heute:
Harald Dörnhaus berichtet hier von seiner Reise 2017 in die Region Quichè in der er 1993 - 95 als Entwicklungshelfer bei der Begleitung der Flüchtlingsrückkehrer gearbeitet hat:
Die Arbeit mit den Sozial-Benachteiligten innerhalb des Departments Quiché war schon immer ein besonderes Anliegen von Jorge Luis Castro und seinen Mitarbeitern. Bis Dezember 2015 waren sie dafür unter dem Dach der kirchlichen "Caritas / Sozialpastoral" aktiv. Als jedoch die Diözese eine Neuordnung unter Ausschluss der bisherigen Caritas vornahm, nahmen ca. 40 Mitglieder, darunter 12 Aktive, in dem privaten Verein "Gemeinsam für das Leben" (ASUVI) ihre Arbeit auf. Jorge übernahm die Leitung des Vereins, weil, wie er im Gespräch mitteilte, die Menschen weiterhin mit ihren Anfragen, Hilfegesuchen und Projekten kamen und ihn persönlich darum baten weiterzumachen. Das Team, mittlerweile in neuen, viel kleineren Räumen ist und bleibt gefragt.
Es werden Projekte in den Bereichen Trinkwasser, Wasserreinigung, Landwirtschaft, Gesundheit, Regelung von Landtiteln, Unterstützung von Studierenden sowie Betreuung und Begleitung von Menschen in Not, speziell Menschen mit Alkohol- und Drogenproblemen. Dem Team geht es generell um die Verbesserung der Lebensbedingungen und um die Reduzierung der vielschichtigen Armut in der Region Quiché.
Warum bilden die Menschen mit psychischen Problemen eine besondere Zielgruppe des Vereins?
Der Staat Guatemala befand sich von 1960 bis 1996 in einem flächendeckenden Bürgerkrieg, bei dem die Regierung und die Militärs gegen die indigene Bevölkerung des eigenen Landes kämpften und diese systematisch zu vernichten versuchten. Die Bevölkerung, speziell die im Quiché mit einem sehr hohen Anteil an indigenen Bewohnern, leidet bis heute darunter.
In Deutschland benötigte es 22 Jahre nach dem II. Weltkrieg, dass Margarete und Alexander Mitscherlich mit ihrem Buch "Die Unfähigkeit zu trauern" (1967) einen Schlüsseltext zur "Bewältigung" der NS-Vergangenheit und zur Verdrängung vor-legten. In Guatemala ist man immer noch weit entfernt davon. Im April 1998 wurde zwar vom Menschenrechtsbüro der katholischen Kirche ein vierbändiger Bericht über die Gewalt und die Verbrechen veröffentlicht. Jedoch zwei Tage später wurde der Initiator und Leiter, Weihbischof Juan José Gerardi, ermordet.
Die schreckliche Wahrheit wird immer noch wie ein Tabuthema behandelt. Wenn man allerdings nachfragt, kann jeder in seiner Familie einen Ermordeten oder einen Verschwundenen benennen. - - Brutalität, Kriminalität und Korruption sind immer noch drei zentrale Merkmale des Alltags in Guatemala.
Ein Beispiel für die alltägliche Gewalt im Land, August 2017:
Ein inhaftierter Leiter der Jugendbanden, Maras genannt, lässt sich in einem Krankenhaus der Hauptstadt einen Termin zur Blutuntersuchung geben. Er bekommt den gewünschten Termin und hat insofern genügend Zeit seine Bandenmitglieder zu verständigen. Ergebnis der Aktion: Sieben Menschen werden getötet, elf weitere verletzt und das Bandenmitglied ist frei.
Laut Statistik von 2016 kommen in Guatemala täglich 15 Personen auf brutale Weise ums Leben. - Gewalt, Korruption, sozialer Zerfall, fehlende Chancen für die Jugend, ein unfähiger oder abweisender Staat seien der "Krebs dieser Region" sagt der spanische Fotojournalist Javier Arcenillas 2015 während einer Reise durch Guatemala, Honduras und El Salvador.
Das Projekt:
Gemeinschaftsdienst - Betreuung von Psychisch-, Alkohol- und Drogenkranken
Innerhalb des aktiven Teams im Rahmen des Vereins "Gemeinsam für das Leben" widmen sich drei Personen Flory (32 J.), Cesar (52 J.) und Santos (32 J.) den Menschen, die aus vielfältigen Gründen aus der Bahn geraten sind und persönlicher Hilfe bedürfen. Wenn die Teammitglieder von dem Problem einer Person erfahren, laden sie diese zum Gespräch im Büro von ASUVI ein und sie versuchen sich ein Bild zu machen, ob und wie diese Person betroffen ist oder ob andere Mitglieder der Familie ebenfalls unter diesem Problem leiden oder Teil des Problems sind. Nach ersten Gesprächen mit der einzelnen Person werden nach Möglichkeit die weiteren Betroffenen dazu eingeladen. Auch werden die Hilfesuchenden in ihren Wohnungen oder Häuschen besucht, um die Folgen und Auswirkungen des Problems genauer erkennen zu können. Teilweise wird auch der Psychologe Rudolfo miteinbezogen, um die Verstrickungen auf breiterer Ebene zu analysieren. Und mit dem Agronomen Lencho wird die landwirtschaftliche Selbstversorgung der Familie betrachtet und erneut angeleitet. Gerade wenn die zentralen Personen, die Versorger und Erzieher, ausfallen, verschlimmern sich nicht nur die finanzielle Situation, sondern auch die Abläufe innerhalb einer Familie und die Betreuung der Kinder wird extrem vernachlässigt. Insofern ist es in der Regel notwendig, mit allen Familienmitgliedern oder mit anderen Bezugspersonen wie den Nachbarn zu sprechen. Zusätzlich müssen die Betroffenen von Grund auf in der Bestellung ihres kleinen Gärtchens angeleitet werden, um ihnen wieder einen Halt im Alltag zu geben. Im Bedarfsfall der Entgiftung wird auch mit einer vertrauten Klinik und einer Kuranstalt zusammengearbeitet.
Zusätzlich besuchen die Teammitglieder eine Schule in Chichicastenango, um mit den Schülern der Mittelstufe über Alkohol- und Drogenprobleme zu sprechen. Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Lehrern wäre notwendig, soll aber im folgenden Jahr als zusätzliche Projekteinheit angegangen werden.
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